Attraktive Museen im Süden von München

Exkursion auf Einladung der „Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern“

Attraktive Museen im Süden von München. Foto: Robert Auerbacher.

Museum … welche Assoziationen weckt dieses Wort, geprägt meist schon in der Kindheit? Schlechtwetterprogramm! Langweilig! Rumstehen! Lange Vorträge! Müde Beine! Zuviel! Kann man sich alles gar nicht merken! - Wo bleibt das Positive? Welche Anstrengungen unternehmen nicht die wunderbaren Museen in Bayern, um alle diese Vorurteile zu widerlegen! Die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern bietet sich dafür als der in jeder Beziehung kompetente Ratgeber an. Er lud am 4. August zu besonderen Museums-Erlebnissen nach Penzberg und Geretsried.

Penzberg verdankt seine Existenz dem Abbau von Pechkohle und war zunächst nur ein Bergwerk mit 60 Häusern für die Bergleute. Der Ort wuchs und wuchs, insbesondere durch den Anschluss ans Eisenbahnnetz. 1966 war damit Schluss. Der Abbau nicht mehr konkurrenzfähig. Schwer für die Stadt und die Bergleute, die wenigstens noch einen Ort der Erinnerung finden wollten: Die Geburtsstunde des ersten kleinen Museums in einem Keller. Emsig wurde es erweitert, Stollen wurden nachgebaut, Flöze, „Gezähe“ gesammelt, so nennen die Knappen ihr Handwerkszeug, „Hunte“, das sind Kipploren und soviel mehr, dass es zuviel wurde, die Betreiber zu alt, der Brandschutz fehlte. Die Stadt Penzberg übernahm alles. 2013 konnte das heutige, mit moderner Technologie ausgestattete Museum eröffnet werden, ein Wunder der Raumausnutzung und des lebendigen Lernens und Erinnerns.

Aber Penzberg erhielt noch einen Anziehungspunkt. Der Krefelder Maler Heinrich Campendonk (1889 - 1957) stieß in jungen Jahren in Penzberg zur Gruppe des „Blauen Reiters“, befreundete sich u. a. mit Macke, Marc, Klee und Kandinsky. Zwar verließ er das Voralpenland später wieder, nicht aber ohne hier Spuren zu hinterlassen. Penzberg verfügt heute durch einen glücklichen Zufall und die Förderung reicher Gönner über die bedeutendste Sammlung dieses Künstlers.

Nun also zwei Welten in einem Ort – Kunst und Industriegeschichte! Eine Herausforderung für die inhaltliche Gestaltung ebenso wie für die Architektur. Zunächst empfing uns ein provozierender architektonischer Blickfang, rechts ein dunkler, fensterloser Klinkerbau als Zwilling zu einem Bergwerkshaus links, dazwischen der helle Eingangsbereich (Foto in Wikipedia). Bei der Führung durch die Leiterin des Hauses, Frau Gisela Geiger, und dem stolzen, erfindungsreichen Architekten Thomas Grubert erlebten wir eine imponierende Verschmelzung von Ausstellungskunst, den Werken Campendonks mit den Anforderungen von Raumgestaltung, Beleuchtung und innovativer Klimatisierung, die allein einen Besuch lohnen. Dazu ein Blick in eine der alten Bergbauern-Wohnungen.

Ein völlig anderes, wesentlich kleineres Museum erwartete uns in Geretsried, DIE EINFACH ANDERE GESCHICHTE, wie sie der Gestalter Christian Raissle gleich am Eingang vorgab. Geretsried ist eine sehr junge, künstliche Stadt, hervorgegangen aus kilometerlangen Bunkern und Rüstungsbetrieben im 2. Weltkrieg, getarnt nicht nur durch die hohen Waldungen an der Isar, sondern auch als Schokoladenfabrik, die nie Schokolade hergestellt hat. Der Zuzug der Arbeiterfamilien und insbesondere nach dem Krieg von Flüchtlingen aus Donauschwaben, Siebenbürgen, Schlesien und dem Egerland ließ die Stadt anwachsen auf heute 240.000 Einwohner, was natürlich der blühenden, mittelständischen Industrie gedankt ist. DIE ANDERE GESCHICHTE lässt Abstand nehmen vom üblichen Heimatmuseum, denn es sind viele Heimaten, die im Ort zusammenfinden mussten. So präsentiert die Leiterin Anita Zwicknagl auf kleinem Raum ein Museum des Wandels von Hitlers Rüstungsbetrieben zum Ort des Ankommens der Flüchtlinge und ihrer allmählichen Integration, der Entdeckung ihrer kulturellen Vielfalt und ihres handwerklichen wie musischen Könnens. Die Frage stellt sich, wie dieses „andere“ Heimatmuseum überleben wird, wenn kommende Generationen dem Thema Krieg, Flucht und Heimat nicht mehr viel abgewinnen können. 2000 Besucher wie im Vorjahr sind nicht genug.

Ein Fazit dieser Pressefahrt soll hier nicht verschwiegen werden, weil es sich stets wiederholt: Die lockenden Visualisierungen, Filme, Tondokumente bleiben den Journalisten aus Zeitmangel vorenthalten. Sie erleben das, was andere von Museumsbesuchen abschrecken: Vorträge! Da ist es schon erfrischend, wenn im Bergwerksmuseum wenigstens eine Sprengung simuliert wird.

Text: Dr. Werner Siegert. Fotos: Robert Auerbacher.

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