Der PresseClub zu Gast bei den Bayerischen Wohn- und Werkstätten

Der PresseClub zu Gast bei den Bayerischen Wohn- und Werkstätten. Foto: Johann Schwepfinger.

Am Anfang war ein Test. Die Besucher erhielten Brillen mit denen ihnen demonstriert wurde, wie viel bzw. wenig man mit nur 20 Prozent Sehfähigkeit erkennen kann. Eine Gruppe von Mitgliedern des Presseclubs besuchte im Januar die Südbayerischen Wohn- und Werkstätten für Blinde und Sehbehinderte in München-Giesing im Wohnbereicder ehemaligen McGraw Kaserne. Dort wird u.a auch das Presseclub-Magazin versandfertig gemacht. Wer dort arbeitet ist blind oder stark sehbehindert und hat daneben noch eine oder mehrere weitere Behinderungen. Immer wieder bei unserem über zweistündigen Rundgang mussten wir staunen, was Männer und Frauen mit derart starken Beeinträchtigungen mit einfachen, aber klug gestalteten Hilfsmitteln zu Stande bringen können.

In den Werkstätten gibt es 70 Arbeitsplätze, dazu kommen 36 sogenannte Förderplätze für Personen, die eine besondere Betreuung brauchen. In vier Häusern gibt es 115 Wohnplätze. Ein Teil der Beschäftigten wohnt aber auch extern. Das SWW, so wird der lange Name der Einrichtung abgekürzt, gibt es sein nun 27 Jahren und Kunigunde Frey, die uns das alles gezeigt hat, ist als Leiterin von Werkstatt, Manufaktur und Förderstätte seit 22 Jahren dabei. So manche Hilfen, wie z.B. das tastbare Leitsystem könnten Vorbild für andere sein. Dass helles Licht in den Gängen und Räumen wichtig ist, auch wenn man fast nichts sieht, versteht man, wenn es erklärt wird. Aber die Stromrechnung kontrollierende Behörden haben damit Schwierigkeiten.

Wie können Blinde Altpapier sortieren? Ein Arbeitsbereich des SWW ist die Aktenvernichtung, die derzeit noch in einer Halle in der Nähe bearbeitet wird, aber ein neues Quartier sucht. Dort werden z.B. Altakten von Banken in speziellen Containern angeliefert und das Altpapier nach verschiedenen Sorten für das Recycling vorbereitet. Es klingt vielleicht etwas makaber, aber weil die Bearbeiter bzw. Bearbeiterinnen nur mit einem hoch entwickelten Sinn für Fühlen und Hören arbeiten und nicht lesen können, ist eine besondere Diskretion gewahrt.

Inklusion und Kunst, ein besonderes Anliegen von Kunigunde Frey. Seit rund 15 Jahren gibt es z.B. die Theatergruppe „Die Blindgänger“. Mit Begleitung durch eine erfahrene Regisseurin proben sie zur Zeit ein Stück „Three Steps to Paradise“, das am 20. März im HochX Theater in der Entenbachstraße Premiere haben wird. Der größte Wunsch der Theatertruppe ist einmal eine Theaterkritik, die losgelost von der Tatsache, dass Behinderte spielen, sich nur mit der künstlerischen Gestaltung auf der Bühne auseinandersetzt. Auch einen Chor und eine Band gibt es.

In der Weberei klicken und zischen große Webstühle, die speziell für die Bedürfnisse der dort Arbeitenden umgebaut worden sind und aus Stoffresten werden Sitzkissen und Teppiche geflochten, auch das mit entsprechend angepasstem Arbeitsgerät. Konfektionierung heißt eine Abteilung mit sehr unterschiedlichen Tätigkeiten. Dort werden je nach Auftrag z.B. Postversandarbeiten und andere Arbeiten mit Papier ebenso durchgeführt wie die Herstellung von Grillanzündern aus Abfallholz. Für eine Münchner Brauerei werden die gebrauchten Porzellanverschlüsse für Bierflaschen aufgearbeitet. Auch hier sehen wir, wie mit einfachen aber sehr klug ausgedachten Hilfsmitteln den Beschäftigten das Arbeiten möglich gemacht wird.

Ein feines Münchner Hotel ist Stammkunde der Töpferei und bezieht das Tischgeschirr von dort. Esshilfeteller für den eigenen Speisesaal des SWW mit einem gebogenen Rand und vieles mehr wird produziert, je nach Auftrag „von der Taufe bis zur Urne“ und neben der Gebrauchskeramik auch kunstvolle Figuren.

Beim Eingang am Roßtaler Weg 4 gibt es einen kleinen Shop, mit in den Werkstätten hergestellten Dingen. Es gäbe noch viel mehr zu berichten. Wer sich noch weiter informieren möchte, findet die SWW in Internet unter www.sww-muenchen.de.

Text: Dietmar Schmidt

Fotos: Johann Schwepfinger

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