Gegen Entwederoderismus – Dr. h.c. Wolfgang Thierse am 10. Oktober im Club

Dr. h.c. Wolfgang Thierse neuer Leiter der EVA Tutzing. Foto: Michael Lucan.

Sie lag ihm sehr am Herzen – diese Wortschöpfung; denn als neuer Leiter des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie Tutzing will er sich insbesondere für eine differenzierte Debatten- und Kommunikationskultur engagieren, in der Politik, in den Medien, in der Gesellschaft. Thierse ist der 16. Leiter dieser hochkarätigen Institution, die sich seit 1954 als Seismograph der politischen Debatte versteht und sich voller Stolz auch als Geburtsstätte reformerischer Impulse bezeichnen kann. Nicht zuletzt im wunderschönen Park der Akademie am Starnberger See haben viele bedeutende Persönlichkeiten der Nachkriegsgeschichte ihre Ideen ausgetauscht. Thierse übernimmt dieses Amt von Ministerpräsident a.D. Dr. Günther Beckstein, der fünf Jahre lang dieses in Deutschland einzigartige Format prägte.

Und was prägt den zukünftigen Leiter dieses politischen Clubs, an dessen Tagungen früher nur Personen unter 40 Jahren teilnehmen durften, für die noch dazu zwei Bürgen bestätigen mussten, dass dieser Teilnehmer bereit und willens ist, sich politisch zu engagieren? Thierse ist der zweite Katholik (nach Dr. Theo Weigel) in dieser Rolle. Sein Leben und Wirken wurde bis 1900 geprägt durch das politische und wissenschaftliche Geschehen in der DDR. 1943 in Breslau geboren widmete er sich in verschiedenen Positionen der Kulturwissenschaft und war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut f. Literaturgeschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR. Seit 1990 ist er Mitglied der SPD und bis 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages, 1998 – 2005 dessen Präsident, weitere Jahre Vizepräsident. Er ist Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Als besondere Ziele seiner Arbeit in Tutzing nannte er, mehr Verständnis für die kleinen Nachbarländer Deutschlands zu wecken, einen wichtigen Beitrag gegen die Gefahr der Spaltung der Gesellschaft und die Krise der Demokratie zu leisten und junge Leute als Teilnehmer zu gewinnen, um sie vor allem zu fragen: „Was wollen sie anders machen?“

Die erste Tagung unter Leitung Wolfgang Thierses vom 11. – 16. November stellt sich der Frage „Neue Regeln für den Welthandel? TTIP, CETA und die Folgen.“ 220 Plätze hat der größte Saal der Evang. Akademie. Man wird sich schnell anmelden müssen.

Im März 2017 geht es um die Krise der Demokratie, im Sommer werden Antworten auf die aktuelle Frage gesucht „Integration – was ist das?“

Die reichen Erfahrungen Thierses in der Moderation großer Gremien werden dabei dem Politischen Club zugute kommen, nicht zuletzt, um sich dem Entwederoderismus entgegen zu stemmen.

Text: Dr. Werner Siegert. Fotos: Michael Lucan.

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