Gemeinsam verliehen: Herwig-Weber-Preis 2010 des PresseClub München und Publizistikpreis der Stadt

Von Thomas Kletschke

München. Am 20. Oktober 2010 kamen 300 Gäste zur Verleihung des Journalisten-Preises des PresseClub München. Zum 19. Mal ehrte der PresseClub Kolleginnen und Kollegen mit dem nach dem ehemaligen Vorsitzenden und FAZ-Journalisten benannten Herwig-Weber-Preis für herausragende Arbeiten in Wort, Ton und Bild. Ausgezeichnet wurden in diesem Jahr Joachim Käppner, Wolfgang Görl und Christian Mayer von der Süddeutsche Zeitung (SZ), Tom Fleckenstein und Julia Seidl vom Bayerischen Rundfunk Fernsehen (BR) sowie BR-Hörfunk-Mann Ulrich Chaussy. Der Herwig-Weber-Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird an die drei Preisträger zu gleichen Teilen vergeben. Wie in den Vorjahren fand die Übergabe der Preise gemeinsam mit der Verleihung des Publizistikpreises der Landeshauptstadt München statt. Der ebenfalls mit 10.000 Euro dotierte Publizistikpreis der Stadt 2010 ging an Mercedes Riederer, seit 2002 Hörfunk-Chefredakteurin des Bayerischen Rundfunks (BR). Mit Riederer wurde ein ehemaliges langjähriges Vorstandsmitglied des PresseClubs ausgezeichnet.

Dr. Hilde Stadler und die Preisträger der Süddeutschen Zeitung
Dr. Hilde Stadler und die Preisträger der Süddeutschen Zeitung
Foto: Robert Auerbacher
Prof. Dr. Wolf-Dietrich Ring mit den Preisträgern Tom Fleckenstein und julia Seidl (Bayerisches Fernsehen).
Prof. Dr. Wolf-Dietrich Ring mit den Preisträgern Tom Fleckenstein und julia Seidl (Bayerisches Fernsehen).
Foto: Birgit M. Wiedemann
Preisträger Ulrich Chaussy und Dr. Hilde Stadler
Preisträger Ulrich Chaussy und Dr. Hilde Stadler
Foto: Robert Auerbacher

Die Laudatio für Mercedes Riederer hielt RBB-Intendantin Dagmar Reim. In Anspielung auf eitle Medienmenschen meinte Reim, dass der Preis ja wohl an die falsche Preisträgerin ginge. Aber Riederers Biografie zeige: „Es geht auch ohne Intrigen, ohne Taktieren, kleine Betrügereien“, so Reim. Wer Mercedes Riederer kenne, wisse, dass sie neben ihrer hervorragenden journalistischen Arbeit auch immer bescheiden gewesen sei. Durch ihre Tätigkeit als ehemalige Leiterin der Deutschen Journalistenschule (DJS) und beim BR habe sie anderen Kolleginnen und Kollegen zu Ergebnissen verholfen, „von denen sie nicht einmal wussten, dass sie sie zustande bringen können.“ Mit dieser „Hebammentätigkeit“ und journalistischen Arbeit habe sie die Prophezeiung eines ehemaligen Personalchefs des BR eben nicht erfüllt. Der hatte Riederer bei der Einstellung noch allenfalls Chancen im Kinderfunk eingeräumt. Es kam anders: Riederer kehrte über Stationen beim „Zündfunk“, ihre Stelle als erste weibliche Leiterin der DJS als Chefredakteurin zurück zum BR.

Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers sagte bei der Preisübergabe, mit Mercedes Riederer würdige man einen Menschen, der „nicht Lautsprecher ist, sondern hintergründig und dauerhaft als Journalistin wirkt.“ Sie habe über Bayerns Landesgrenzen hinaus Akzente gesetzt – und dies „mit freundlicher Beharrlichkeit und mit beharrlicher Freundlichkeit.“

Mercedes Riederer, Preisträgerin Publizistikpreis der Landeshauptstadt München 2010
Mercedes Riederer, Preisträgerin Publizistikpreis der Landeshauptstadt München 2010. Foto: Robert Auerbacher

Medienstandort der Chancen

Mercedes Riederer bedankte sich für die Ehrung. „Es berührt mich besonders, dass sich die Stadt, in der einmal der „Völkische Beobachter“ herausgegeben wurde, nach 1945 dem Qualitätsjournalismus verpflichtet fühlte“, sagte sie. Heute nenne man so etwas wohl Medienstandort. Sie wünsche der Stadt München, dass sie trotz der Wirtschaftskrise, aber ein Medienstandort der Chancen bleibe. „Leidenschaft und Können, Handwerk und Haltung müssen weitergegeben werden“, appellierte sie an Sender-Chefs und Verlage. Als gute Beispiele für Qualitätsjournalismus nannte Mercedes Riederer die BR-Kollegen, denen nach ihr der Herwig-Weber-Preis verliehen wurde. So habe es mit Hörfunk- und Buchautor Ulrich Chaussy etwa „den Richtigen getroffen“.

Münchner Originale, ein Feature und 81 Seiten Stadtgeschichte

PresseClub Vorsitzender Ruthart Tresselt
PresseClub Vorsitzender Ruthart Tresselt
Foto: Robert Auerbacher

Bei der Preisverleihung des Herwig-Weber-Preises 2010 brach auch PresseClub Vorstand Ruthart Tresselt eine Lanze für den Qualitätsjournalismus. Dieser sei wichtig für die Demokratie, auch wenn er für die Verlage erst einmal Geld koste. „Leider muss ich auch erwähnen, dass sich in diesem Jahr der Verlag der Süddeutschen Zeitung und die Mediengruppe Münchner Merkur/ tz erstmals nicht an der Finanzierung des Preises beteiligt haben“, sagte Tresselt. Er dankte den aktuellen Sponsoren, dem Bayerischen Journalisten-Verband (BJV), der Bayerischen Staatskanzlei, der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), der Informationszentrale der Bayerischen Wirtschaft (ibw) sowie dem neuen Sponsor, Bayerndruck – Verband Druck und Medien Bayern.

Die 48 Arbeiten, die die Jury begutachtet hatte, seien gute Beispiele für Qualität, so Tresselt; für drei herausragende Arbeiten habe man sich entschieden. Gemeinsam mit BLM-Chef Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring überreichte Tresselt die Preise.

Im Printbereich wurden die SZ-Redakteur Joachim Käppner, Wolfgang Görl und Christian Mayer geehrt. Sie hatten in ihrer Serie „850 Jahre München“ akribisch und unterhaltsam die Stadtgeschichte aufgearbeitet. Als Leiter eines Teams von etwa 30 Journalisten hatten sie das Mammut-Projekt gestemmt – die längste Serie, die in der Süddeutschen Zeitung erschienen ist. Heraus kam auch ein 400-Seiten-Buch, dessen Arbeit für viele schlaflose Nächte für Autoren und Verlag bedeutete, so die drei Preisträger im Gespräch mit der BJV-Fachruppenvorsitzenden Rundfunk Dr. Hilde Stadler auf dem Podium. Allerdings hat sich die Mühe gelohnt: Neben dem Herwig-Weber-Preis entlohnen auch die guten Abverkäufe für die Mühe.

Auch Tom Fleckenstein und Julia Seidl vom BR hatten Aspekte der Stadtgeschichte beleuchtet. Sie produzierten den Dokumentarfilm „Münchner Originale“. Die Fernseh-Macher Fleckenstein und Seidl verwendeten dazu unter anderem historische Filmaufnahmen des Jahres 1912 und porträtierten Münchnerinnen und Münchner der Gegenwart. Neben stadtbekannten Promis begleiteten sie für den Film auch unbekannte Originale – echte Münchner und ihre Geschichten, ohne Klischees. So konnten sich die TV-Zuschauer etwa ein Bild über einen Schumacher aus Giesing machen oder nebenbei etwas über den längst vergessenen Beruf der „Trambahnritzen-Reinigerin“ von anno dazumal lernen.

Ein Monteur in zweifachem Sinne wurde ebenfalls geehrt. „Als ich festgestellt hatte, dass der kleine Mann im Radio nicht vorhanden ist, beschloss ich selber, einer zu werden“, sagte Ulrich Chaussy. Von den technischen Basteleien kam Ulrich Chaussy zum Hörfunkjournalismus. Er wurde für seine investigativen Recherchen über das Münchner Oktoberfest-Attentat von 1980 ausgezeichnet. Sein Radio-Feature „Wenn die Stasi dem Generalbundesanwalt auf die Finger schaut“ für den BR überzeugte die Jury des Herwig-Weber-Preises 2010. Chaussy versprach, seine Recherchen über den schlimmsten Terroranschlag in der Bundesrepublik würden andauern „Für mich ist diese Geschichte noch nicht zu Ende.“

Mit den beiden Medienpreisen wurden Journalistinnen und Journalisten geehrt, die unter anderem die journalistischen Handwerksregeln meisterhaft beherrschen, die Mercedes Riederer aus einer von DJS-Studierenden verfassten Broschüre zitierte: „Langweile nicht, sage die Wahrheit – fürchte dich nicht.“

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