KI im Journalismus – Mehrwert oder Jobkiller?

KI im Journalismus – Mehrwert oder Jobkiller? Foto: Maximilian von Rossek.

Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ (KI) ist für uns ein Begriff der zukünftigen Welt. Besonders in Science-Fiction Filmen werden Geschichten mit oder über KIs erzählt, manchmal auch als Horror- und Schreckensszenario, in dem die Maschinen die Macht über uns Menschen ergreifen. Beängstigend, aber theoretisch möglich, betrachtet man das exponentielle Wachstum neuer Technologien. Doch man muss nicht weit in die Zukunft blicken, bereits jetzt nutzen wir fast täglich künstliche Intelligenz ohne es wirklich zu wissen. Bei der Gesichtserkennung, um unser Handy zu entsperren oder aber auch bei unseren Internetsuchen. Besonders das Netz, das World Wide Web, ist davon geprägt, denn hier versuchen Algorithmen unser Verhalten zu analysieren, um uns ein sehr individuelles Angebot zu unterbreiten. Marktführer mit über 90% ist dabei die Suchmaschine Google, in deren Hintergrund im Millisekunden Bereich Auktionen stattfinden, um das beste Angebot an Artikeln, Informationen und letztlich auch Werbung für uns, den Nutzer, zu bieten. Dies erörterten im Münchner Presseclub Vorstandsvorsitzender Dr. Uwe Brückner mit seinen Podiumsgästen Dr. Thorsten Schmiege, Chef der BLM, und Prof. Dr. Stephanie Heineke, Studiendekan in Digital Psychologie an der Hochschule Fresenius. Denn bei sich selbst weiterentwickelten Algorithmen erscheint zwangsläufig die spannende Frage, „wenn der Content, den Suchmaschinen ausspucken, ebenfalls von Maschinen generiert wird, macht dies dann die bisherigen Content-Hersteller, zuweilen Journalisten, obsolet.“

Die Antwort: ja und nein, denn man muss sich dazu zunächst künstliche Intelligenz im heutigen Zustand ansehen. KI als „Übermensch“ gibt es noch nicht. Es sind vielmehr einzelne KI-Inseln für spezielle Aufgaben, die (noch) nicht miteinander kommunizieren. Die Auswahl und das miteinander verbinden für die passenden Aufgaben obliege noch dem Menschen, erörtert Prof. Heineke. So könne heutzutage ein Bot einen Text oder Textfragmente sinnhaft zusammenstellen und mit Daten und Fakten aus Tabellen ergänzen, so dass die Rezipienten eine für sie normale und nicht als computergenerierte Nachricht erkennen. Das belegen auch Studien aus den USA, so Heineke weiter. Allerdings seien menschlich verfasste Werke noch beliebter bei den Probanden. Mit der Vielzahl an Informationen im Internet und den lernenden Algorithmen werde die menschliche Komponente allerdings mehr und mehr nachgeahmt. Und genau hier sieht Dr. Schmiege das Problem - eigentlich mehr ein juristisches als ein soziologisches. Denn wer ist für die Texte und Inhalte verantwortlich? Der Verlag? Also, letztlich der Mensch, der eine finale Version des Textes redigiert und für die Veröffentlichung frei gibt?

Was aber wenn es aus Kosten- und Zeitgründen auch diese Stelle nicht mehr geben sollte? Das wird in kleineren Redaktionen oder bei belangloseren Themen (meist im Regionalsport) bereits so praktiziert. Hier wird mal schnell was durchgewunken, ohne eine dezidierte Korrektur oder Nacharbeit, was dann letztlich in fehlerhafter Version als „Perle des Lokaljournalismus“ bekannt wird. Aber: Besonders wenn die KI eine eigene Meinung entwickeln sollte, werde diese Frage essentiell. Dann spätestens müsse die Regulierungsbehörde einschreiten, so Schmiege.

Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten, heißt es immer und auch wenn zu Beginn Schreckensszenarien beschrieben wurden, so kann die künstliche Intelligenz uns doch mehr helfen als Schaden. Ein Startup hat z. B. Avatare für Gebärdensprachen entwickelt, eine kostengünstige Ergänzung des Medienangebots, auch für kleinere TV-Redaktionen. Oder aber die intelligente Rückwärtssuche für Fakenews-Recherchen. Das sind nur zwei von vielen Anwendungsbeispielen, die den Journalismus unterstützen können, statt ihn zu ersetzen. Dr. Schmiege spricht von einer Jobänderung durch KI, nicht aber von einem Jobkiller. Und auch für Prof. Heineke steht die Ergänzung von KI, damit sich Journalistinnen und Journalisten auf das Wesentliche fokussieren und effizienter arbeiten können, stärker im Fokus, als die Kosteneinsparung von Personal bei den vielen, um Zuschauer und Leser konkurrierenden Medienunternehmen. Die alte Denkweise „Viele Medienunternehmen sorgen für Meinungsvielfalt“ gelte nicht mehr, so Schmiege sinnbildlich, wenn Algorithmen eine Filterfunktion bis hin zur individuellen Blase für jeden einzelnen Konsumenten erschaffen. Demnach müsse hier auch die Aufsicht aktiv werden, was sie auch mit modernen Mitteln und eben auch unter Zuhilfenahme von KI tue.

Und bei all der Diskussion um die Zukunft und die Digitalisierung dürfe man eines nicht unterschätzen, so Heineke, den „Faktor Mensch“. Denn letztlich seien wir Menschen soziale Wesen, die lieber mit Menschen kommunizieren als mit Maschinen.

Text und Foto: Maximilian von Rossek

Sehen Sie hier den Mitschnitt des PresseClub-Gesprächs vom 28.09.2022:

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