PresseClub-Forum. Flüchtlinge – zwischen Verwaltungsakten und Verantwortung


Flüchtlinge - zwischen Verwaltungsakten und Verantwortung

Mit einem brisanten Thema beschäftigte ich das PresseClub Forum am 17. Dezember 2014 vor Weihnachten: „Wohin steuert die bayerische Asylpolitik?“ Auf dem Podium diskutierten Emilia Müller, Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Soziales,  Familie und Integration,  Max Gotz, Oberbürgermeister der Stadt Erding, Leonhard Stärk, Vorsitzender Bayerisches Rotes Kreuz und Marianne Ermann, die seit 26 Jahren ehrenamtlich mit Flüchtlingen arbeitet. Alexander Poel (ZDF), Vorstand im PresseClub München, moderierte die Veranstaltung.

Es war eine lange Diskussion, in der es bis in die Feinheiten von Verteilungsschlüsseln zwischen Bund, Land und Kommunen, den gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen Behörden sowie der Abstimmung mit Hilfsorganisationen ging. Allerdings: Manche dieser Details kommen in der Berichterstattung über katastrophale Zustände bei der Erstaufnahme von Flüchtlingen im prosperierenden Bundesland Bayern kaum vor.

Ein komplexes Thema für (Verwaltungs-) Spezialisten, auch wenn es um menschliche Schicksale geht, etwa Traumata bei Flüchtlingen; um Probleme bei überforderten kleinen oder großen Kommunen, bis zum Limit arbeitenden Ehrenamtlichen oder ausgebrannte Sozialarbeiter.

Die gute Nachricht: Inzwischen sind die großen Probleme behoben, vor denen Behörden und Helfer standen, als im Sommer plötzlich die Erstaufnahmeeinrichtungen überlastet waren. Das Chaos vom Sommer bis Spätherbst 2014 ist also Geschichte. Auch an finanziellen Mitteln fehlt es auf absehbare Zeit nicht, wie Staatsministerin Emilia Müller betonte. Wohl aber hakt es beim Feintuning. Davon konnte Marianne Ermann berichten. Sie sieht vor allem in ländlichen Regionen noch Verbesserungsbedarf.

Ein Detail rückte das Podium in den Mittelpunkt, ein Thema bei dem auch Erdings OB Max Gotz sehr erfahren ist: die sogenannten unbegleiteten Minderjährigen. Flüchtlinge im Kindes- und Jugendalter, die es allein über die Grenze schaffen – etwa über den internationalen Flughafen in München. Kamen 2013 noch 570 unbegleitete Minderjährige nach Bayern, sind es nach Angaben von Ministerin Müller im noch laufenden Jahr schon über 3.500. Nach Angaben von Gotz ein Thema, auf das Kommunen schon seit Jahren aufmerksam machen. Eine Gruppe unter den Asybewerbern, die es oft nach langer Reise, auf denen zusätzlich Gewalt und Schlimmes erlebt werden, bis in den Freistaat schafft. Junge Menschen, die einer besonderen Betreuung bedürfen. Auch hier zeigt sich, Flüchtlingspolitik ist ein Liebhaberthema, bei dem es etwa um den Königsteiner Schlüssel geht, der Verteilung von Ausgaben zwischen Bund und Ländern.

Andererseits, und das zeigten die Berichte des BRK-Vorsitzenden Leonhard Stärk und von Marianne Ermann ein Liebhaberthema anderer Art: Es braucht nach wie vor das Engagement zahlreicher Ehrenamtlicher und Helfer, um die ankommenden und bleibenden Menschen angemessen zu versorgen. Denn Verteilungsschlüssel von 15,22 % sind abstrakte Größen, die die Grundlage der staatlichen Arbeit liefern – aber immer nur ein Teil dessen sein können, wie die aufnehmende Gesellschaft sich um Flüchtlinge kümmert. Man braucht schon viel Liebe zu dieser Arbeit und zu Menschen allgemein, um sich auch im Dickicht bürokratischer Akte gut um den Anderen kümmern zu können. Wem das mit der (Nächsten-) Liebe zu pathetisch ist, der darf stattdessen ein anderes Konzept wählen: Verantwortung.

Text: Thomas Kletschke, Fotos: Hans Schwepfinger

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