Durch und durch digital – Bayerns Wirtschaft wandelt sich

Pressegespräch mit Wirtschaftsministerien Ilse Aigner. Foto: Robert Auerbacher.

Am 25. Januar stand Staatsministerin Ilse Aigner im Internationalen PresseClub München den Journalistinnen und Journalisten Rede und Antwort. Die Ministerin des Großressorts Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie gab Einblicke in die aktuelle und kommende Arbeit der Landesregierung. Thema des von PresseClub-Vorsitzendem Peter Schmalz moderierten Pressegesprächs: „Drohen dem bayerischen Wirtschaftswunder Gefahren?“

 

Aktuell glänzt der Freistaat als Primus unter allen Bundesländern: Höchste Exportquote, niedrigste Arbeitslosenquote, deutlich mehr Investitionen in die Digitalisierung als die 15 anderen Bundesländer zusammen, hohe Attraktivität auch für internationale Konzerne. Dennoch drohen Gefahren. Die erste sieht die Ministerin im Land selbst: „Wer sich auf diesem Erfolg ausruht, gefährdet die Zukunft.“ Also: Wer Spitze bleiben will, muss sich anstrengen. Die zweite Gefahr droht von außen, vor allem von den bayerischen Hauptexportländern Großbritannien und den USA. Noch ist unklar, wie sich der Brexit und die sich abzeichnende protektionistische Außenhandelspolitik der Trump-Regierung auswirken wird. Auf jeden Fall, so Ilse Aigner, sei es richtig, dass Ministerpräsident Horst Seehofer den neuen amerikanischen Präsidenten unverzüglich nach Bayern eingeladen hat.

Die für Bayern traditionell enge Partnerschaft mit China ist auch nicht sorgenfrei. Peking biete seinen europäischen Partnern noch immer keinen Austausch auf Augenhöhe, etwa beim freien Zugang zum chinesischen Markt: Während China im Westen, auch in Bayern, zunehmend investiere und die Vorzüge des freien Marktes nutze, unterlägen ausländische Investoren in China immer strengeren Restriktionen.

Zum Zukunftsthema Digitalisierung zeigten Ilse Aigners Äußerungen, dass der Freistaat eine Digital Bavaria-Agenda fährt. Mit insgesamt 80 Millionen Euro wird innerhalb von vier Jahren ein vielschichtiges – und nicht über-komplexes, also praktikables – Förderprogramm für bayerische Unternehmen aller Branchen durchgeführt. Vom „Digitalbonus“ profitieren können Unternehmen, die im weitesten Sinne IT-Anwendungen entwickeln oder verbessern – vom Start up bis zum Konzern, aber auch Handwerksbetriebe und Handelsorganisationen. Gefördert werden allerdings nur IT Leistungen, die über den allgemeinen Standard hinausgehen. Die eigene Website, die Anschaffung von ein paar Servern oder der Umstieg auf ein neues Betriebssystem sind nicht bonusfähig.

Beispiele für diese erfolgreiche Technologiepolitik gibt es bereits: So wird IBM Mitte Februar sein Watson IoT Center eröffnen, das in München angesiedelt ist. Der US-Konzern investiert nach eigenen Angaben insgesamt 200 Millionen US-Dollar und schafft im Münchner Norden 1.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze. Auch BMW spielt beim Internet der Dinge eine wichtige Rolle – übrigens auch bei der Standortentscheidung von „Big Blue“ für die bayerische Landeshauptstadt. Doch die bayerische Staatsregierung, betonte die Ministerin, setzt bei der Digitalisierung nicht nur auf den High Tech-Standort München: Im Land verteilt, werden regionale Förderzentren hochgezogen. Allein in den vergangenen Wochen gab es Eröffnungen in Franken und Schwaben. Von den über 8,5 Millionen Euro Fördergeldern profitieren vor allem kleine und mittelständische Unternehmen. Mit 20 neuen Lehrstühlen für Digitalisierung wird landesweit auch bei der angewandten Wissenschaft ein markanter Akzent gesetzt. Zudem soll die entsprechende Aus- und Fortbildung auch außeruniversitär gefördert werden.

Ach ja, da droht dann doch noch eine Gefahr, gesteht Wirtschaftsministerin Ilse Aigner ein:
Aufgrund des seit langen anhaltenden Wirtschaftbooms fehlt es an Fachkräften. Und dann ist da noch eine Gefahr, an die man im ersten Moment gar nicht denkt: Die hohe Wirtschaftskraft führt auch zu hohen Löhnen. Das ist zwar schön für alle, meint die Ministerin, kann aber manchen verleiten, statt innovativ und mit Risiko ein Start up zu gründen, lieber den hoch dotierten Job in Festanstellung annimmt. Ein Luxusproblem, das andere auch gerne hätten, doch der Freistaat, mahnt die Ministerin, braucht für sein Zukunftsmodell Bayern 4.0 den Mut und die Ideen möglichst vieler kreativer Jungunternehmer.

Text: Thomas Kletschke. Fotos: Robert Auerbacher.

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