Von der Braukunst zur Schwarzen Kunst / Der PresseClub in Niederbayern und der Oberpfalz

Strahlender Sonnenschein, herrlichstes Maiengrün, ein Busfahrer, der uns über schmale Nebenstraßen durch die blühenden Vorgärten Niederbayerns sicher zur Bayerischen Landesausstellung „Bier in Bayern“ nach Aldersbach und später auch durch sensibles Vor- und Rückwärtsfahren sicher chauffierte, ein reichhaltiges Programm, das sogar Zeit zur Muße ließ. Eintauchen in die wunderschönen Landschaften und Städte Niederbayerns und der Oberpfalz, Begegnungen mit Landräten, Bürgermeistern, Brauern und Heimatpflegern, Schlafen im Schutz der Weidener Stadtmauer in einem Klasse-Hotel, und alles wunderbar geplant, arrangiert und organisiert durch unser PresseClub-Leitungs-Team, alles hat gepasst, eine großartige Reise. Ende der Berichterstattung? Nein,  das war ja nur der Vorspann. Oder wie man heute sagt: der Teaser!

Aldersbach

Die „Gallionsfigur“ der Bayerischen Landesausstellung 2016 zum Thema „Bier“ in Aldersbach. Foto: Dr. Werner Siegert.

Der nächtliche Regenguss hatte für uns alles noch mal richtig sauber geduscht und alle Pollen versenkt. In Aldersbach erwarteten uns schon die Führer durch die umfangreiche Ausstellung „Bier in Bayern“, vom Haus der Geschichte ausgerichtet aus Anlass des vor 500 Jahren am 23. April 1516 für das Herzogtum Bayern erlassenen, später so genannten „Reinheitsgebotes“, wonach „allain Gersten, hopffen und wasser genommen“ zum Bierbrauen „geprancht sölle werden“. Obwohl der Erlass in Ingolstadt von Herzog Wilhelm IV. und Herzog Ludwig X. ausgefertigt wurde, hat Aldersbach den Zuschlag für die Ausstellung erhalten, weil hier im ehemaligen Klosterkomplex der Zisterzienser neben der modernen Brauerei der Freiherren von Aretin Originalteile der großen historischen Brauerei in die Ausstellung integriert werden konnten, so dass die Besucher z.B. die schwierigen Arbeitsbedingungen in der großen Malzdarre und Schrotmühle eindrucksvoll nachfühlen konnten. Von der Urgeschichte des Bierbrauens im 10. Jahrhundert v.Chr. in Mesopotamien bis zu den heutigen Besäufnissen in bayerischen Schankstuben und letztlich hochmoderner, digitalisierter Brau-Technologie konnten wir uns weiterbilden und durstig schauen. Jetzt wissen wir endlich, was das obergärige vom untergärigen Bier unterscheidet. Gottlob hatte bereits 1871 Carl von Linde eine Kältemaschine erfunden, die es fürderhin ermöglichte, ganzjährig Bier zu brauen, auch nach dem 23. April, nach Georgi, dem Tag, an dem man früher wegen des nun fehlenden Natureises das allerletzte „Märzen“ ausschenken durfte. Dank Herrn von Linde durften wir uns also anschließend im Klostergasthof am köstlichen Aldersbacher laben.

In einer der schönsten Asam-Kirchen direkt nebenan konnten anschließend Interessierte an der Führung des kunst- und kulturgeschichtlich äußerst versierten und humorvollen Pfarrers teilnehmen, der berichten konnte, mit welcher Raffinesse die Gläubigen dieses Meisterwerk u.a. des Malers Cosmas Damian Asam und seines Bruders Egid Quirin, der die Stukkaturen schuf, vor der Zerstörung nach der Säkularisation bewahren konnten. Die zwischendurch als Pferdestall genutzte Klosterkirche wurde zur Pfarrkirche umgewidmet, nachdem die Katholiken ihre bisherige Pfarrkirche selbst ruiniert hatten. Nur als „Pfarrkirche“ entging sie nämlich der völligen Zerstörung.

Weiden in der Oberpfalz

Der Marktplatz in Weiden. Foto: Dr. Werner Siegert.

Auf ging’s zum nächsten Höhepunkt unserer Reise – nach Weiden in der Oberpfalz, das uns nach dem Einchecken im „Hotel am Tor“ mit geradezu italienischem dolce vita empfing. Am Markt lockte ein Lokal neben dem anderen, unter Bäumen und Sonnenschirmen im späten Sonnenschein noch ein Eis zu schlecken oder einen Cappuccino zu schlürfen, bevor wir dann zum Abendessen in den Gewölbekeller des „Bräuwirts“ hinab stiegen. Neben den leiblichen Genüssen bot uns Hannes Burger, der „Botschafter Niederbayerns“ und langjährige Freund unseres Clubs, eine vergnügliche Einführung in die Historie dieser Region, die es in jeder Beziehung aufnehmen kann mit dem hochnäsigen Oberbayern.

Nach wohligem Schlaf im Schutz der Stadtmauer und gemütlichem Frühstück führte uns Dr. Sebastian Schott, der Leiter des Stadtmuseums, am nächsten Tag durch die Sehenswürdigkeiten der Altstadt, die nach dem großen Stadtbrand 1536 mit herrlichen Giebelbauten und dem Alten Rathaus zwischen dem oberen und unteren Markt neu erbaut wurde. Einige Kriege und die Pest hat die Stadt überstehen müssen, und muss jetzt, wie uns Bürgermeister Kurt Seggewiß anlässlich seiner Einladung zum Mittagessen berichtete, den neuerlichen Strukturwandel bewältigen, nachdem viele große Firma aufgeben mussten. Weiden ist „Reger-Stadt“, den Stolz auf ihren Sohn spürt man an jeder Stelle. Stolz ist man auch, den vertriebenen Egerländern aus dem benachbarten Tachau eine neue Heimat geboten zu haben.

Der barocke „Waldsassener Kasten“, Sitz des Keramikmuseums in Weiden. Foto: Franz Reisbeck.

Exponate im Kermaikmuseum Weiden. Foto: Franz Reisbeck.

In einem wunderbar renovierten Barockbau, dem „Waldsassener Kasten“, erwartete uns am Nachmittag Konstantin Thomas zur Führung durch das Internationale Keramik-Museum und gab uns einen faszinierenden Einblick in 7000 Jahre Kunst- und Kulturgeschichte der Keramik mit prachtvollen Objekten, an denen man sich nicht satt sehen konnte.

Windischeschenbach-Neuhausen

PresseClub Vorsitzender Peter Schmalz geniesst das Zoigl-Bier – beim Gespräch mit Landrat Andreas Meier. Foto: Dr. Werner Siegert.

Hatten wir uns nach der Fülle der Eindrücke dieses Tages nicht wieder ein süffiges Bier verdient? Aber gewiss! Also steuerten wir abends das nächste Ziel an – Windischeschenbach. Nicht nur die Heimat der Altneihauser Feuerwehr-Kapelle, sondern auch des „Zoigl-Bieres“. Der Zoigl ist ein untergäriges Bier, das nur im Oberpfälzer Wald nach althergebrachter Weise gebraut wird. Er wird zunächst in Kommunbrauhäusern gekocht und gewürzt, der Sud wird dann an die Zoiglwirte geliefert, in deren kühlen Kellern die Hefe zugesetzt wird. Nach etwa 10 Tagen Gärungszeit gelangt es in Edelstahltanks, in denen es noch mehrere Wochen ausreift. Beim Zoiglwirt im Neuhauser Schafferhof erwartete uns jedoch nicht nur eine zünftige Zoigl-Brotzeit, sondern auch Landrat Andreas Meier. Wieder wurden wir mit den Folgen des Strukturwandels konfrontiert, aber auch mit der Erfolgsgeschichte, wie junge Kommunalpolitiker sich engagieren, um wieder neue Gewerbe und neues Leben in die Region zu bringen. Die Abwanderung der Jugend bereitet überall Probleme. Sie zusammen mit ihren berufstätigen Partnerinnen und Partnern aus den attraktiven Großstädten wieder zurück in ihre Heimat zu locken, ist nicht ganz leicht, auch wenn man sich hier ein ganzes Haus für das Geld bauen kann, für das man in der Großstadt nicht einmal eine Eigentumswohnung bekommt. Der Zoigl und die lustige Einführung in die Geheimnisse dieses süffigen Hausbräus halfen, diese Sorgen halbwegs „obi zu schwoam“.

Waldsassen

Am Sonntagmorgen hieß es Koffer packen und los ging’s. Der letzte Tag unserer Reise war angebrochen. Unser erstes Ziel: das Kloster Waldsassen, vor allem mit seiner weltberühmten, vor allem kunsthistorisch wertvollen Stifts-Bibliothek. Ehe wir die Pracht genießen durften, mussten wir alle, um das Parkett zu schonen, Schluffen über unsere Schuhe stülpen. Zehn ebenso meisterhaft geschnitzte lebensgroße, schalkhafte Lindenholzfiguren stützen die Empore des Bibliotheksaals. Sie versinnbildlichen u.a. die Laster des Hochmuts, der Dummheit, der Spottlust, der Heuchelei und der Ignoranz. Unter den Portraitbüsten von Sophokles, Plato, Kaiser Nero und Sokrates sowie Deckenfresken aus dem Leben des Zisterzienser-Gründers Bernhard von Clairvaux und prächtigem Deckenstuck beherbergt die Bibliothek heute nur noch rund 3.500, überwiegend Jahrhunderte alte Schwarten, ein Restbestand von 19.000, von dem ein Teil nach der Säkularisation nach München überstellt, der größte Teil jedoch in Papiermühlen vernichtet wurde. Aber auch dieser Restbestand interessiert heute kaum noch jemand.

Die Zeit reichte gerade noch fürs Mittagessen und einen flüchtigen Blick in die prachtvolle Stifts-Basilika, deren hinterer Bereich allerdings abgedeckt ist und bis März 2017 einer gründlichen Renovierung unterzogen wird. Im Wettbewerb mit den schönsten Barockkirchen in Bayern nimmt sie einen der ersten Ränge ein. Die Wiederbesiedlung des Klosters nach dem 30jährigen Krieg erfolgte durch Mönche aus Fürstenfeld.

Herzogstadt Sulzbach-Rosenberg

Bürgermeister Michael Göth und Heimatpfleger Dr. Markus Lommer begrüßen den PresseClub in Sulzbach-Rosenberg. Foto: Dr. Werner Siegert.

In dieser Reise voller Höhepunkte brauchte deren letzter die Konkurrenz der anderen Highlights wahrlich nicht zu scheuen. Sulzbach-Rosenberg, das vielen nur im Zusammenhang mit dem Niedergang der Maxhütte in Erinnerung geblieben ist, war schnell erreicht. Wir erlebten sie als blühenden Ort erfüllt mit neuem Leben. Auf den Stufen vor dem renovierten Rathaus empfingen uns 1. Bürgermeister Dr. Michael Göth und sein leidenschaftlicher Stadtheimatpfleger Dr. Markus Lommer. Sage und schreibe 2,8 Prozent Arbeitslosigkeit, also fast Vollbeschäftigung, konnte der Bürgermeister voller Stolz vermelden. Neuansiedlung von Gewerbe, die Umstrukturierung, die Attraktivität der mit der Polizei-Hochschule, zahlreichen Fachhochschulen und Gymnasien der kulturell reichen Stadt haben die Pleite der Maxhütte überwinden helfen.

Die historische Druckerei Seidel in Sulzbach-Rosenberg. Foto: Franz Reisbeck.

Dr. Lommer führte uns dann zu einem besonderen Kleinod und geistigem Zentrum, zur Synagoge, die nach dem Stadtbrand von 1822 im klassizistischen Stil neu errichtet wurde. Sie zählt zu den schönsten Bayerns und ist heute eine offene Begegnungsstätte unter dem Motto „ERINNERN & BEGEGNEN“. Eine hebräische Druckerei bildete den Grundstock, Sulzbach zu einer Bibelstadt mit bedeutenden Druckereien aller Religionen werden zu lassen. Hier wurden frühe Talmud-Ausgaben gedruckt, aber auch katholische und lutherische Bibeln. Frühe Drucke sind in zahlreichen Vitrinen ausgestellt. Ihren Höhepunkt als Bibelstadt erlebte Sulzbach mit Johann Esaias von Seidels (1758 – 1827) interkonfessioneller Bibelanstalt. So war es für uns eine besondere Ehre, dass wir in eben dieser Historischen Druckerei J. E. v. Seidel festlich empfangen und zu einer Stärkung für die Heimreise eingeladen wurden. Voller Andacht stand der Verfasser vor einer ihm aus der Studienzeit vertrauten Heidelberger Setz- und Druckmaschine, auf der er einst Artikel der Kölner Studentenzeitung „perspektiven“ gestümpert hatte. Zur Freude der Jünger der Schwarzen Kunst lief sie und druckte extra für uns einen Willkommens-Gruß. Vielen herzlichen Dank!

Wenn man doch nur länger, ein paar Tage, eine Woche hier hätte verbleiben können! Sulzbach-Rosenberg ist wahrhaft eine Reise wert!

Bald war die Zeit zum Aufbruch gekommen. Pünktlich und sicher brachte uns unser Fahrer wieder nach München zurück. Was waren das für herrliche Tage!

Text: Dr. Werner Siegert. Fotos: Dr. Werner Siegert und Franz Reisbeck.

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