Clubabend05.10.2009 19:30

PresseClubforum: Wut und Trauer – Freiheit und/oder Sicherheit? Wie lassen sich Terrorismus und Brutalität (z.B. der S-Bahn-Mord, Amoklauf in Ansbach) verhindern bzw. wirksam bekämpfen?

Auf der Suche nach Erklärungen

Im Forum des Münchner Presseclubs diskutierten Politiker und Experten über Gewalt und Sicherheit in der deutschen Gesellschaft. Der bayerische Innenminister und der Stellvertretende Landes- und Fraktionsvorsitzende und innenpolitischer Sprecher der FDP in Bayern, Andreas Fischer, stellten ihre parteispezifischen Ansichten dar. Als Experte für Familienpsychologie gab Professor Wassilios Fthenakis Anhaltspunkte dafür, was mögliche Ursachen für Jugendkriminalität sind. Der Kriminologe Professor Heinz Schöch machte klar, dass ein höheres Strafmaß das Verhalten von Jugendlichen häufig kaum ändert.

Die immer wiederkehrende Frage nach den Ursachen von U-Bahnschlägereien oder Amokläufen macht es laut Professor Fthenakis notwendig, über neue Ansätze in der Politik nachzudenken. Er kritisierte, dass Probleme, die gleichermaßen Kultus-, Bildungs- und Innenministerium betreffen, nicht gemeinsam angegangen würden. Für die tatsächlichen Ursachen wollte er keine einfachen Erklärungen gelten lassen. „Kein Ansatz kann die Komplexität dieses Ansatzes erklären“, sagte er. Für ihn steht fest, dass rein oberflächliche Maßnahmen und Gesetzesänderungen nicht helfen können.

Auf die Frage des Vorsitzenden der Münchner Presseclubs, Ruthart Tresselt, nach den tatsächlichen Ursachen für Gewalt unter Jungendlichen bezog sich Fthenakis auf Probleme in der Familie und der Erziehung. So müssten auch Lehrer und Eltern darauf achten, dass sie eingreifen, wenn Jugendliche gewalttätig erscheinen. Häufig würde stattdessen ein sowieso schon geringes Selbstwertgefühl von Schülern durch Lehrer häufig noch verkleinert und damit weitere Aggressionen provoziert.

Auch Andreas Fischer (FDP) sprach sich dafür aus, Straftaten schon frühzeitig zu verhindern, anstatt sie härter zu bestrafen. „Es muss von klein auf klar werden, dass Gewalt kein Mittel zur Lösung ist“, sagte er. Strengere Gesetze würden dagegen nur bedingt helfen. Professor Schöch bestätigte Fischers Einschätzung. Nach Erkenntnissen der Kriminalforschung wirkt sich die Höhe der Bestrafung nicht präventiv aus.

Alle Gesprächspartner waren sich darüber einig, dass Killerspiele und Gewaltfilme Kinder und Jugendliche zu mehr Gewalt anregen. Allerdings könne der Konsum allein nicht die Reaktion des Kindes hervorsagen, sagte Professor Fthenakis. Auch sein Kollege aus der Kriminalforschung, Professor Schöch, warnte davor, Amokläufe nur auf Killerspiele zurückzuführen. Vielmehr spiele auch die psychische Stabilität eine entscheidende Rolle.

So müsse bei den Kindern das Bewusstsein für Medien gestärkt werden, betonte Innenminister Hermann. Sowohl Eltern als auch Lehrer müssten darauf achten, dass Kinder darüber aufgeklärt werden, wie sie Medien sinnvoll nutzen können und welche Wirkung diese haben können. Die unabhängigen Kontrollgremien würden dabei lange nicht ausreichen, kritisierte Hermann. „Das ist Augenwischerei“, sagte er über die Freigabe von Gewaltmedien nach Altersklassen.

Für die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen spielt auch eine Rolle, welche Werte den Kindern vermittelt werden. Eltern sollten, auch beim Medienkonsum, klare Grenzen ziehen, und darauf achten, dass ihre Kinder Sport treiben und in sich in ihrer Freizeit anregend beschäftigen. Professor Fthenakis wies darauf hin, dass dies allerdings als erstes die Eltern einsehen müssten. „Wenn Eltern in ihrer Kompetenz gestärkt werden, dann sind die Kinder auch weniger gewalttätig“, sagte er.

Tilo Mahn

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