Pressekonferenz03.09.2008 11:00

Zervix-Schutz durch Impfen. Ist die Prävention gegen Gebärmutterhalskrebs sicher und zielführend?

Angewandte Prävention in der Diskussion

Am 3.9.2008 stand das Thema „Zervixschutz durch Impfen – ist die Prävention gegen Gebärmutterhalskrebs sicher und zielführend?“ im Focus.

Es hat sich mittlerweile hinlänglich herumgesprochen, dass Humane Papillomviren, kurz HPV, einige Tumore, darunter auch den Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Der bereits seit vielen Jahren etablierten Krebsvorsorge ist es zu verdanken, dass lediglich knapp 7000 Frauen pro Jahr an einem Zervixkarzinom erkranken und weniger als 1700 daran sterben. Ohne diese Vorsorge hingegen wäre laut Schätzungen mit 30000 Neuerkrankungen pro Jahr zu rechnen. Diese Erfolgsstory der Gynäkologie lässt sich durch eine frühzeitige Impfung junger Mädchen von 12-17 Jahren optimieren, indem diese einer Ansteckung mit HPV-Viren zuvorkommt und die Abwehrkräfte gezielt mobilisiert. Dem sei angefügt, dass auch für ältere Frauen diese Impfung sinnvoll sein kann. Die neue HPV-Impfung hat keinen therapeutischen, sondern einen rein präventiven Effekt; wie übrigens jede Impfung als älteste und bekannteste Maßnahme der Gesundheitsvorsorge.

Referenten der Pressekonferenz waren Dr. med. Gunhild Kilian-Kornell, Kinder- und Jugendärztin aus Starnberg und der Frauenarzt Dr. med. Michael Wojcinski aus Bielefeld. Der Gynäkologe ist Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Impfen im Berufsverband der Frauenärzte (BVF) und gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender des BVF-Landesverbandes Westfalen-Lippe. Als Dritter im Bunde referierte Dr. med. Hans-Joachim Hutt, wissenschaftlicher Leiter der Firma Sanofi-Pasteur MSD GmbH aus Leimen.

Das Credo von Dr. Kilian-Kornell klingt einfach und überzeugend: „Impfen nützt, Impfen schützt!“ Die engagierte Kinderärztin beklagt, dass die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ein Entwicklungsland sei und daher ständig neue Informationen zum Thema Impfen benötigt werden, auch um den Impfgegnern den Wind aus de Segeln zu nehmen. Die Impfung ist eine der Möglichkeiten, die Bevölkerung vor gefährlichen Krankheiten vorsorgend zu schützen. Kilian-Kornell`s Beurteilung des Impfstoffes gegen Humane Papillomviren, die Gebärmutterhalskrebs und Feigwarzen verursachen können, klingt eingängig: „Etwa 70% aller Mädchen und Frauen, die sexuell aktiv sind, infizieren sich mindestens einmal in ihrem Leben mit HPV-Viren. Die meisten merken nichts davon, weil die körpereigene Abwehr mit den Viren fertig wird. Bei etwa 10% dieser Frauen bleibt die Infektion jedoch bestehen und bei rund 1% der dauerhaft Infizierten entwickelt sich der gefürchtete Krebs.“

Für junge Mädchen von 12-17 Jahren, die vor ihrem ersten sexuellen Kontakt eine Impfung erhalten, ist diese Prävention ein ausgezeichneter Weg der Vorsorge. Nach ihren Erfahrungen ist diese Impfung gut verträglich, wobei die Injektion selbst offenbar deutlich mehr schmerzt als andere Impfungen.

Dr. Michael Wojcinski begann seine Ausführungen mit dem Satz: „Keine medizinische Errungenschaft des letzten Jahrhunderts – so spektakulär sie auch war – hat so viele Krankheiten verhindert, Leid erspart, Leben gerettet und Leben verlängern können wie das Impfen“.

1976 konnten Forschungen belegen, dass auch der Entstehung eines Gebärmutterhalskrebses eine Infektion zu Grunde liegt. Humane Papillomviren sind ebenso für andere Krebserkrankungen im Genitalbereich der Frau wie Scheidenvorhof- und Vaginalkrebs verantwortlich. Auch Analkrebs und Peniskarzinom werden von HPV-Viren ausgelöst. Bei fast 80% der Gebärmutterhalskrebse spielen 2 Virustypen eine herausragende Rolle. Es handelt sich dabei um die HPV-Typen 16 und 18. Inzwischen stehen 2 HPV-Impfstoffe zur Verfügung, die gegen diese beiden gefährlichen HPV-Typen wirksam sind.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung allen Mädchen und Jugendlichen von 12-17 Jahren und gleichzeitig rät sie Ärzten auch über diesen Altersbereich hinaus Frauen zu impfen. Dr. Wojcinski hob hervor: „Erstmals ist es der Menschheit möglich, primäre Krebsprävention durch eine Impfung zu erzielen. Da 80% der Gebärmutterhalskrebse zwar verhindert werden können, sollte zur Sicherheit weiterhin die jährliche Krebsfrüherkennungsuntersuchung unverändert durchgeführt werden.“

Bei inzwischen weltweit über 26 Millionen verabreichter Impfdosen liegt das Nebenwirkungsspektrum nicht höher als bei den übrigen auf dem Markt befindlichen Impfstoffen. Im Rahmen der Diskussion über den Nutzen und den Preis (etwa 500,- Euro für die Grundimmunisierung mit drei Impfdosen einschließlich Arztkosten) fällt laut Wojcinski auf, dass nicht zwischen primärer und sekundärer Prävention unterschieden wird. Bestimmt ist es sinnvoller, die Infektion mit HPV-Viren durch eine Impfung primär zu verhindern, als durch noch so qualitätsgesicherte Zellabstriche vom Gebärmuttermund die bereits vorhandene Krebsvorstufe vor der Entwicklung eines ausgeprägten Krebses sekundär zu erkennen. „Ökonomisch gerechnet, ist die Verhinderung eines Großteils der Krebsvorstufen und etwa 80% der ausgebildeten Gebärmutterhalskrebse auf jedem Fall schon unter dem jetzigen Impfstoffpreis günstiger, als nicht zu impfen“, so Dr. Wojcinski. Der Impfexperte meint jedoch, dass die breitere Anwendung des Immunstoffes, auch ihr Einsatz bei Jungen und Männern, durch den Preis eine Begrenzung erfährt. Die meisten Krankenkassen übernehmen die Kosten nur bei weiblichen Personen im Alter von 12-17 Jahren.

Dr. Hans-Joachim Hutt ging auf die Berichterstattung in den Medien ein, die mit unterschiedlichen Argumenten den Sinn der neuen Impfung anzweifelten. Diese sei nicht genügend in Studien erprobt, sie habe noch nicht bewiesen, dass sie tatsächlich Krebs verhindern kann und habe eine viel zu rasche Zulassung erhalten. Große Verunsicherung folgte, als von 2 Todesfällen nach HPF-Impfungen berichtet wurde. Trotz intensiver, selbst kriminaltechnischer Untersuchungen konnte keine Todesursache und damit kein Zusammenhang mit der Impfung hergestellt werden. Deshalb gaben alle maßgeblichen Institutionen wie die Europäische Zulassungsbehörde (EMEA), das Paul Ehrlich Institut (PEI), das Bundesministerium für Gesundheit, die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) sowie zuvor die US-Behörden Entwarnung. Dazu Dr. Hutt: „Bei den beiden Todesfällen handelte es sich um ein so genanntes Sudden Adult Death Syndrome (SADS). Dieser plötzliche Erwachsenentod tritt jährlich bei 60 jungen Menschen im Alter zwischen 15 und 20 Jahren auf.“

Auch das Deutsche Ärzteblatt nahm im Heft 34-35/2008 nochmals Stellung zur Impfsicherheit in Deutschland und kommt zum Schluss, dass die auf dem Markt befindlichen Impfstoffe das Prädikat „hohe Sicherheit“ beanspruchen können. Damit sind die vorgebrachten Zweifel an der Sicherheit von Impfstoffen unbegründet. Den Ausführungen der Referenten schloss sich eine rege Diskussion an. Diese zeigte, dass trotz der Aufklärung noch zahlreiche offene Fragen im Raum stehen.

Übrigens: Die zuweilen militanten Impfgegner in Deutschland sind zahlenmäßig mit rund 3% zwar eine Randgruppe, aber dafür recht laut und aktiv.

Maria-E. Lange-Ernst

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