Winfried Keller

Winfried Keller
[Portraitmalerei]
23.06. – 19.10.2009

Winfried Keller: zum Werk

  • Geboren 1964
  • Kunststudium an der Kunstakademie München 1993-2000 bei Prof. Jürgen Reipka

Ich male ausschließlich Portraits nach Fotovorlage: Menschen von Zeitungsfotos, die eine interessante Stimmung ausstrahlen, oder ich suche nach Abbildungen von Persönlichkeiten, die für mich bedeutsam sind, wie beispielsweise Theatermacher und Schriftsteller – oder ich fertige Auftragsarbeiten.

In meinen Ölbildern versuche ich, das Selbstbewusstsein und die inneren, feinen Stimmungen der Portraitierten so umzusetzen, dass ihre Befindlichkeit unmittelbar nachzuempfinden ist und beim Betrachter als mitwissende Ahnung greifbar bleibt, obwohl sich die dargestellte Person durch Verschlossenheit und Zurückhaltung immer wieder zu entziehen scheint, um sich im nächsten Augenblick mit gesteigerter Intensität dem Betrachter aufzudrängen und anzuvertrauen. Eine einseitige Intimität entsteht, die einerseits unseren voyeuristischen Neigungen Vorschub leistet, andererseits auch ehrliche Anteilnahme und Betroffenheit erzeugen kann.

Dieses Bilderlebnis schaffe ich durch Verknüpfung gegenläufiger formaler Darstellungsmethoden: aus zweidimensionalen Partien taucht dreidimensionale Körperlichkeit auf, über diffusen Flächen schweben scharfkantige, kollagenartige Partien, aus gleichtonig Gemaltem schält sich Grellfarbiges heraus, Gestisches konfrontiert sich mit Sachlichem. Alles ist fein abgestimmt innerhalb einer sorgfältig ausgearbeiteten Komposition, ohne jedoch den Charakter des Frischen und Unmittelbaren zu verlassen.

Zusätzlich zu den genannten Methoden benütze ich Bildsprachen, die wir aus unseren Wahrnehmungsgewohnheiten kennen. Wir erleben schwer zu greifende Bildfolgen, etwa im Film, insbesondere in der Werbung oder beim Blick aus einem fahrenden Auto. Wir sehen sich überlagernde Bildebenen auf spiegelnden Schaufensterscheiben oder Lackflächen oder diffuse Farbschlieren auf nassem Asphalt. Fast jede Zeitungsseite zeigt Personen in Nahaufnahme mit einer früher nicht gekannten Distanzlosigkeit.

Im Zusammenspiel dieser formalen Gestaltungselemente versuche ich jenseits der puren, gegenständlichen Abbildung von sichtbarer Wirklichkeit eine eigene, gesteigerte Bildwirklichkeit zu schaffen, ein Verlangen das – in ihrer jeweiligen Art – auch schon Cezanne und Matisse seinerzeit trieb.

Winfried Keller, Juni 2009